Pfarrer Werner Klinkhammer, erschienen in „Marianische
Priesterbewegung“ (MPB), Blumenfeld 13. Mai 1992
„Nun lässt du, Herr,
deinen Knecht in Frieden scheiden.“
Am Grabe hat dankenswerter
P. Paul Stegemann die Verdienste P. Pauels auch für unsere Marianische
Priesterbewegung gewürdigt. „Das ist meine Zeit!“ Dieses Wort der Gottesmutter
taucht in vielen Botschaften des Blauen Büchleins auf (bes. v. 26. Juli 76 und
03. Juli 1987).
Pater Pauels hat dieses
Wort sehr geliebt und in seinen letzten Jahren uns immer wieder in seinen
Ansprachen und in seinem priesterlichen Zeugnis lebendig vor Augen gestellt.
Dass wir in der Zeit Mariens leben, das hat er in seinem unbändigen Vertrauen
auf ihr unbeflecktes und schmerzensreiches Herz anderen erschließen wollen. Wie
vielen Priestern und Mitbrüdern hat er neuen Mut gegeben, obwohl so vieles im
alltäglichen seelsorglichen Bemühen entmutigend, enttäuschend ist. Wie wichtig
waren ihm da die Zönakel, aber auch die vielen Sühnegebetsnächte, die er im
Geist von Fatima im ganzen Rheinland bis ins Ruhrgebiet hinein aufgebaut und
ausgebaut hat. Wie gelang es ihm durch all dieses Bemühen, im Herzen von so
vielen im Glauben Verunsicherten und Enttäuschten neuen Lebensmut und neues
Gottvertrauen zu erwecken.
Dass wir in der Zeit
Mariens leben, hat P. Pauels uns erschlossen aus einem reichen Schatz an Wissen;
neben den Quellen der Hl. Schrift und dem Blauen Büchlein hat er es uns lebendig
illustriert aus geschichtlichen Bezügen, aus aktuellen Ereignissen - vor allem
der gewaltige Aufbruch im Osten - , ebenfalls aus Zitaten von Heiligen, von
strahlenden Vorbildern unseres Jahrhunderts, aus einer jeweils umfassenden
Kenntnis der Presse, aus Zitaten von Bischöfen und vor allem von Päpsten. Den
Aufbruch des Glaubens im Osten, den P. Pauels sehr oft thematisierte, hat er
immer begründet gesehen in der Kraft des Gebetes und des Opfers und er hat immer
wieder in Gebetsgruppen und Sühnenächten dazu aufgefordert. Für ihn waren neben
der Fatimabewegung, neben der marianischen Priesterbewegung, neben all den
Märtyrern dieses Jahrhunderts, die Gebetsgruppen im Verborgenen entscheidend,
wie diese z.B. von Tatiana Goritschewna berichtet werden. In der letzten
Fraternita mit ihm, am 29. Januar 1992, sagte P. Pauels sinngemäß:
„Wie der Sozialismus und
der Kommunismus im Osten von innen her zusammengebrochen sind, so werden im
Westen einmal der Materialismus und der Liberalismus von innen her
zusammenbrechen.“
Ist das ein Wort von
prophetischer Bedeutung? Dass er ein „Simeon“ war, davon soll jedenfalls gleich
noch die Rede sein.
Die Muttergottes hat ihn zu
sich geholt in der darauffolgenden Nacht jenes Ereignisses, wo im Hohen Dom zu
Aachen eine Fatimafeier aus Anlass des Jubiläums „75 Jahre Fatima“ gehalten
wurde. Als Leiter des Fatimaapostolats der Diözese Aachen hat er dieses Ereignis
selbst noch in einem Rundbrief als „Krönung dieser geistlichen Gemeinschaft“
bezeichnet. Ihm lag viel daran. Was er in geduldiger Kleinarbeit in all den
Jahren an Gebetsgruppen und Zönakeln aufgebaut hat, das bekam nun einen
sichtbaren Höhepunkt, indem die Fatimabotschaft Einzug hielt in das Aachener
Münster. Darin konnte er wohl ein Vorzeichen des im Verborgenen anbrechenden
Triumphes des unbefleckten Herzen Mariens sehen. Allerdings verlangte die
Gottesmutter von ihrem vielgeliebten Sohn ein Opfer nach der Art, wie es der
Herr von Mose verlangt hatte nach dem vierzigjährigen Durchzug durch die Wüste;
da durfte Mose selbst nicht ins Gelobte Land einziehen.
P. Pauels sollte die
Festansprache halten und wie gerne hätte er dies getan. Wie hätte er seine
Freude gehabt über die große Zahl von Menschen, die sich da zur Botschaft von
Fatima bekannt haben, welche Freude wäre es für ihn gewesen, viele Priester und
Priesteramtskandidaten dort versammelt zu sehen und den Domprobst, der davon
sprach, wie sich die Fatimabotschaft in Russland zu erfüllen beginnt. Diese
ergreifende Feier durfte er nicht mehr sehen.
Als treuer Sohn des hl.
Franz von Sales hat P. Pauels in all den Jahren seines priesterlichen Wirkens
mit theologischem Tiefgang und mit inspiriertem Geist die Sendung Mariens im
Heilplan Gottes dargelegt. Nicht von ungefähr dankte der Leiter der
Salesianischen Forschung in seiner Grabrede P. Pauels für sein Vorbild als
„Theologe auf den Knien“, indem er dieses Lob dem Zitat von Urs von Balthasar
entnahm: „Irgendwann hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Wende vollzogen
von der knienden hin zur sitzenden Theologie“.
Mit welch erleuchtender
Ausstrahlung konnte P. Pauels die Stationen des Glaubens Mariens darlegen, vor
allem ihren Glaubensgehorsam.
Es war wohl ein besonderes
Geschenk der Gottesmutter, dass sein letzter Vortrag im Zönakel mit Mitbrüdern
der MPG in Füssenich (Diözesanengrenze Aachen/Köln) vier Tage vor seinem Tod
stattfand. Besteht nicht ein Zusammenhang zwischen dem Thema seines letzten
Vortrages und dem Datum seines Heimgangs? Sein letzter Vortrag ging über das in
drei Tagen anstehende Fest Maria Lichtmess.
Am Abend dieses Festes fand
die große Fatimafeier im Aachener Dom statt und in der Nacht (bzw. am frühen
Morgen) nahm die Gottesmutter ihn zu sich.
Hat sie nicht Wert darauf
gelegt, ihn uns als geisterfüllter Simeon vor Augen zu stellen? Hat sie uns
nicht deutlich machen wollen, dass ähnlich wie Simeon es auch P. Pauels vom
„Heiligen Geist offenbart worden war“, wer Christus und wer sie ist, nämlich die
durch das Mitleiden mit Christus vom Schmerzensschwert Durchbohrte, die aber zur
Gnadenvermittlerin und Miterlöserin wurde; um von hier aus die Bedeutung der
Marienverehrung für heute und näherhin die Bedeutung von Fatima für unser
Jahrhundert zu erschließen und die Bedeutung der eucharistischen Verehrung und
die des göttlichen Herzens Jesu?
Ebenfalls nicht ohne
Bedeutung ist, dass P. Pauels in seinem letzten Vortrag hervorgehoben hat „das
neue Licht“, das die Jungfrau Maria durch Sirneons Prophetie empfing.
Sie staunte über das, was
über Jesus gesagt wurde und sie erfuhr von ihrer Leidensgemeinschaft mit
Christus. Wie sehr hat sich P. Pauels unter der Führung ihres durchbohrten und
schmerzensreichen Herzens vereinigt mit dem Opfer Christi. Wie er es in all dem
Leid tat, das ihm in seinem Priesterleben oft begegnete, so besonders in den
leidvollen letzten neun Monaten.
Wir wissen um sein
Charisma, Kranke und Leidende zu ermutigen, ihr Leid im Geiste der Sühne
aufzuopfern (s. auch „Krankenpredigt“ Cassette im Weto-Verlag, Nr. L 7849).
Welch leuchtendes Vorbild aber ist er selbst geworden, indem er sein Leben unter
dem Bußruf der Fatimamadonna stellte.
So erinnerte er auch gern
an das Wort, das Papst Paul VI. an jenen jungen Mann richtete, dem er die
Erlaubnis gab, dass er auf seinem Krankenbett zum Priester geweiht wurde: „Mein
Sohn, werde Priester deines Opfers, und Opfer deines Priestertums.“
So konnte P. Pauels sich
an Kranke wenden: „Bruder und Schwester, ich flehe dich an, sei priesterlich in
deinem Opfer, mache dein Krankenbett zum Altar!
Und wisse, dass der Herr
auf dich nieder schaut, wenn du ihm dein Leid, und wenn du ihm deine Schmerzen,
deine schlaflosen Nächte gibst.“
Mit seiner Herzschwäche
stand P. Pauels in den Sommermonaten dreimal in Lebensgefahr; einmal gab es
einen Kollaps in dem Moment, wo gerade Arztvisite war und dieser gleich richtig
reagieren konnte. Mit seinem Herzen ging es auf und ab, so, dass er sich nach
jedem Kollaps nach etlichen Wochen etwas erholte, aus dem Krankenhaus entlassen
wurde und wieder rückfällig wurde. Erstaunlicherweise erlaubte man ihm, noch
zweimal an unserem Zönakel teilzunehmen. Vor Weihnachten bekam er wieder einen
Herzanfall und dabei Wasser in die Lunge, wiederum bestand Lebensgefahr. Nach
einigen Wochen erholte er sich etwas, aber alle Termine wurden ihm untersagt bis
auf zwei; er bestand darauf, an unserem Zönakel teilzunehmen am 29. Januar 92
und er wollte auch zur Fatimafeier am 2. Februar eine kurze Ansprache zur
Eröffnung halten; das Letztere wurde ihm dann vom Arzt und vom Hausoberen
untersagt.
Im Lichte seiner eigenen
Krankheit bleiben solche Sätze von P. Pauels, an Kranke 1978 in Münster
gesprochen, unvergesslich: „An welchem Gesätz deines Rosenkranzes bist du denn
bereits? Welches Gesätz ist dir das Liebste? Stehst du noch immer in Gethsemane?
Das modernste Gesätz ist das erste des schmerzhaften Rosenkranzes. Weißt du, was
der Franzose Pascal im 17. Jhdt. sagte? Dass die Kirche nie aus Gethsemane
ausziehen wird! Weißt du, was Kard. Newman später sagte? Der Jüngste Tag ist die
letzte Stunde von Gethsemane! Bist du in diesem Ringen eingetreten, kennst du
Verrat, kennst du Verleugnung, kennst du tatsächlich die Macht der Finsternis,
kennst du deine Ohnmacht? Aber ein wunderbares Wort wird dir da mitgeteilt als
Trostwort; „Vater, nicht wie ich will, sondern wie du willst.“
Hast du Glauben an dein
Beten?
Glaube doch, dass diese
Welt nur besiegt werden kann durch die Kraft der leidenden Liebe. Glaube an den
Sinn deiner Krankheit. Auch wenn dir deine Krankheit ein Geheimnis bleibt.
Glaube daran! Du kennst nicht die Wirkungen deiner Krankheit. Wenn du mit dem
Herzen ans Kreuz genagelt wurdest, dass du eines Tages zum Weizenkorn geworden
bist, dass sich entfaltet zum wunderbaren Gottesleben.
„Suche das Reich Gottes und
seine Gerechtigkeit“ Suche das Reich Gottes mit der Gerechtigkeit des Kreuzes
(...). Glaube an das durchbohrte Herz des Meisters, dann kommt Ostern, dann wird
aufs Neue die Sonne scheinen. Und dann wirst du wie der Auferstandene die Stunde
glücklich preisen, wo du unter dem Kreuz gestanden hast.“
Nach dem hl. P. Max. M.
Kolbe gibt es drei Phasen eines Apostolates: 1. Die Vorbereitung, 2. die aktive
Ausübung, 3. Das Leiden. Was P. Pauels in der zweiten Phase seines Apostolates
hervorhob, das wurde in der 3. zu einem leuchtend strahlenden Vorbild. Seine
engsten Mitbrüder im Orden konnten nach seinen letzten leidvollen
Kreuzwegstationen auf seine Todesanzeige mit Überzeugung den Satz des hl. Franz
von Sales schreiben: „Ich möchte lieber alles verlieren, nur nicht den Lebensmut
und Gottvertrauen!“ Wir Mitbrüder im MPB werden sein letztes Zitat, womit er den
Vortrag am 29. Januar beschloss, in dankbarer und unvergesslicher Erinnerung
bewahren, wo er die Gottesmutter zitierte in ihrem Wort, dass sie am 02. Febr.
1990 in Brasilien Don Gobbi eingab: „Mein Triumph beginnt im Herzen meiner
Kinder.“
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